Das Blatt liegt vor mir und möchte gefüllt werden. Und ich fange nun schon zum dritten Mal an, etwas Sinnvolles zu schreiben. Doch es ist gar nicht so leicht. Viele Dinge, die in meinem Kopf herumschwirren, sind sicher für niemanden interessant, außer mich selbst. Doch wozu schreibt man einen Blog eigentlich? Für andere? Für Freunde? Für mich?

Für mich, glaube ich. Doch was kann ich schreiben, ohne dass es mir im Nachhinein angehängt oder negativ ausgelegt wird? Kann ich schreiben, dass ich meinen Job bei Volkswagen super spannend, interessant und abwechslungsreich finde? Dann sollte ich aber auch zugeben, dass ich den Job zwar mag, die Stadt hingegen langweilig, öde und hässlich finde. Die Menschen in Wolfsburg sind gleichgerichtet und haben ein VW-Logo, zwar unsichtbar, und doch eingebrannt auf ihre Stirn.

Wolfsburg fehlt es an Kultur, Historie, Abwechslungsreichtum und vielen unterschiedlichen Menschen. Hier fragt man nicht: „Wo arbeitest Du?“. In Wolfsburg fragt man: „Arbeitest Du auch für VW?“.

Vor einigen Tagen erst lag ich in meinem Fitness-Center, das übrigens V8 heißt (Wem hier der Gedanke zum Motor kommt, liegt genau richtig. Kreativ? Ganz sicher nicht.), neben zwei anderen auf einer Schaumstoff-Matratze. Der links neben mir unterhielt sich mit dem rechts neben mir. Thema: Volkswagen. Die Vorstandsetage wechselt. Was bedeutet das wohl für den Konzern, für die Marke, für die Entwicklung? Beide schauten mich plötzlich erwartungsvoll an. Was hatte ich zu diesem Thema zu sagen? Ich hatte keine Lust auf viel-bedeutende, nichts-sagende Worte, meinte nur: „Fertig!“, und stand auf.

Und genau das ist Wolfsburg. Egal ob es auf der Welt stürmt oder schneit, ein Diktator gehängt wird oder ein Orkan über Deutschland fegt: In Wolfsburg gibt es nur VW, sonst nichts. Viele meiner Freunde und Teile meiner Familie verstehen meine „Abneigung“ der Stadt gegenüber nicht. Doch jeder, der schon einmal in Wolfsburg war, merkte, was ich meinte. Die meisten waren nur einen Tag hier, in der Autostadt Deutschlands, besuchten die einzige „Einkaufsmeile“, die noch nicht einmal eine Meile lang ist, fällten ihr Urteil und nahmen die Erfahrungen mit. Doch ich habe eine Ausrede: Ich wohne gar nicht hier. Ich arbeite hier nur.

Meine Wochenenden verbringe ich in Berlin, der größten, abwechslungsreichsten und vielseitigsten Stadt Deutschlands. Die Stadt lebt ganz im Gegensatz zu Wolfsburg von ihren Extremen. Jeder noch so schräge Typ findet in dieser Stadt einen Fleck zum Leben. Und obwohl ich ein ganz normaler Typ bin, einige mich sicherlich als „langweilig“ bezeichnen würden, fühle ich mich – Mitten in Berlin – recht wohl.

Ich bin kein Museumsgänger. Die Wanderwege der Touristen umfahre ich, um nicht auf einem Bild zu landen. Rockkonzerte habe ich noch nie besucht. Den Veranstaltungskalender Berlins kenne ich auch nicht. Doch ich weiß, dass Kultur, Unterhaltung, Freunde, Partys und abwechslungsreiche Erlebnisse jederzeit erreichbar sind. Das macht mich glücklich.

Auch VW hat erkannt, dass man kreative Leute, die das Auto-Design der Volkswagen AG bestimmen sollen, nicht in der eintönigsten Arbeiterstadt Deutschlands unterbringen kann. So errichtete man in Potsdam ein Designzentrum. In bester Lage, ruhiger Umgebung und einer lebendigen Stadt „um die Ecke“ (Ja, ich meine Berlin.) sind Designer scheinbar kreativer, als in der größten Autostadt Deutschlands.

Die Ausgangslage könnte also kniffeliger nicht sein. Berlin zum Leben – Wolfsburg für die Arbeit. Doch es gibt eine Menge Menschen, denen es genauso geht. Doch dazu später mehr.