Läuft man durch die New Yorker Straßen oder fährt man mit der U-Bahn durch Manhatten verfliegt die Faszination über die Stadt schnell und weicht der bitteren Realität. Plötzlich erkennt man, dass New York eine Stadt ist, die am Limit ihrer Kapazität arbeitet. Wo immer man auch läuft, fährt oder steht: New York ist dreckig, speckig und zugemüllt.

Es mag eine typisch deutsche Mentalität sein, alles ordentlich und sauber zu halten. Vielleicht habe ich auch eine ganz eigene Einstellung zu Sauberkeit und Ordnung. In New York jedoch scheint man eine andere Einstellung zu haben: Hauptsache es funktioniert!

Das schmuddelige New York erwartete uns bereits wenige Stunden nach der Landung: Als wir unser Loft in Soho, das wir für eine Woche gemietet hatten, erreichten, staunen wir nicht schlecht, als wir die Designer-Möbel und die Wohnung näher betrachteten: Dort wurden Grohe-Wasserhähne auf die billigsten Badgarnituren geschraubt und Plastikdeckel auf dem Klo montiert. Das kostspielige BOSE-Soundsystem stand auf einem Ikea-Tisch, der hier kaum mehr als 10 Euro kosten würde. Designerlampen standen auf den wohl dreckigsten Dielen, die Steffen und ich jemals in einer Wohnung gesehen hatten, und über der Küchenzeile, die aus den billigsten Materialien gemacht war, die man kriegen kann, hing ein Kronleutchter, der ohne weiteres einen Platz im Berliner KaDeWe hätte haben können.

Auch die New Yorker U-Bahn macht den Eindruck, als wenn sich keiner um sie kümmern würde. Kalk, Rost und abblätternde Farbe fällt von allen Wänden ab. Geplatzte Wasserrohre haben den Mörtel der Wände aufgeweicht und abplatzen lassen. Es riecht nach Urin, Motorenöl und rostendem Metall. Die U-Bahn ist Mittel zum Zweck – nichts, worum sich die New Yorker großartig kümmern.

[singlepic id=162 w=150 h=200 float=right]Würde man einem New Yorker erzählen, dass in Deutschland der Müll in Plastik, Papier und Restabfall getrennt würde, hätte er nur ein müdes Lächeln für uns übrig. Der New Yorker trennt nichts, wirft alles in einen Beutel, den er ab 17 Uhr am Nachmittag auf die Straße wirft. Richtig gelesen: Es gibt keine Mülltonnen. So stapeln sich die Mülltüten vor den Häusern, die die Müllabfuhr an 7 Tagen in der Woche nachts abholt. Nochmals richtig gelesen: Die Müllabfuhr kommt an jedem Tag und transportiert die Müllberge alltäglich aus Manhatten heraus.

Selbst am Time Square, dem Platz mit der wohl stärksten Touristen-Dichte, muss man schon genau hinsehen, wohin man läuft. Der Asphalt der Straßen und Gehwege scheint unter der Belastung der Autos und umgebenden Häuser im Laufe der Jahre nachgegeben zu haben. Uneben und aufgeplatzt sind die Straßen. In jeder Fahrbahnrinne sammelt sich das Regenwasser der letzten Tage und vermischt sich mit allerlei giftigen Flüssigkeiten. In allen Regenbogenfarben schillern diese Abfall-Pfützen – mitten in New York.