Als ich gestern am Berliner Flughafen Tegel in meinen Zubringerflug eincheckte, machte ich mich ein bißchen über einen dicken Amerikaner lustig, der mit zwanzig Koffern vor der Gepäckaufgabe stand. Wer reist bitte mit zwanzig Koffern? Wichtig schien er ja zu sein, der dicke Amerikaner. Immerhin knüpfte das Bodenpersonal eilig „Priority“- und „Preffered“-Schildchen an jeden einzelnen Koffer. Billig war diese Art zu Reisen ganz sicher nicht.

Als nach Stunden des Wartens schließlich auch der Aufruf zum Boarding kam, stellten sich alle Reisenden brav in Reih-und-Glied auf, um schnell den Platz im Flieger, der ihrer war, zu besetzen. Natürlich ging das nicht, ohne vorher noch eine der kostenlosen Zeitungen gegriffen zu haben, die den Weg zum eigenen Platz säumten.

Ich nahm schließlich Platz in der letzten Business-Reihe des Airbus A319, der mich nach London Heathrow bringen sollte. Die drei Sitzplätze, die über dem Gang auf der anderen Seite des Fliegers reserviert waren, blieben bis zuletzt leer. Kurz bevor die Stewardess die Türen schließen wollte, kam er dann wieder rein: der dicke Amerikaner. Doch er hatte eine kleine zierliche Persönlichkeit dabei, die niemand auf den ersten Blick einordnen konnte. Als dieser kleine Typ mit den glasigen Augen und dem Drei-Tage-Bart schließlich sein Gepäck in die Staufächer stopfte, überlegte ich zum ersten Mal, ob ich ihn nicht kennen würde.

Nach einigen Sekunden schließlich fiel der Groschen: Das ist Justin Timberlake. Eilig durchsuchte ich meine kostenlose Tageszeitung, um sicher gehen zu können. Natürlich gab es dort ein Bild von Justin Timberlake, der erst vor einem Tag auf der Berliner Fashion Week seine neue eigene Kollektion vorgestellt hatte. Und mit einem Mal war ich mir sicher, dass dies wohl der berümteste Prominente war, den ich bisher getroffen hatte.

Mein Kollege und ich überlegten schnell, ob wir vielleicht ein Autogramm oder gar ein Foto mit ihm haben wollten. Da ich von Autogrammen jedoch nicht viel halte, entschied ich mich, den Bodyguard (also den fetten Amerikaner) nach einem Foto zu fragen. Viel zu unhöflich erschien es mir, Paparazzi-ähnlich einfach auf den Auslöser zu drücken. Doch – leider, leider – wollte weder der Bodyguard noch Justin Timerlake ein Bild. Später sollte sich noch herausstellen, warum.

Nach zwei Stunden Flugzeit und etlichen zögerlichen Blicken in seine Richtung, landeten wir in Heathrow, ohne ein Bild gemacht zu haben. Einige Meter vor mir, zog Justin Timberlake seinen Rollkoffer hinter sich her, ehe er schließlich in den Tiefen des riesigen Drehkreuzes der British Airways verschwand.

So bleibt mir also nichts weiter, als diese Geschichte zu erzählen, immer mit dem netten Hinweis, dass Justin Timberlake während des gesamten Fluges ein Buch gelesen hat. Ja, auch ein Promi liest Bücher, ohne Bilder, ohne Sprechblasen – nur Text. Und trotz seiner Prominenz wirkte er wie ein ganz normaler, vielleicht sogar schüchterner, Reisender, den man in einem Flugzeug trifft.

Eigentlich also, ein ganz normaler Mensch.