Ich stehe im Fitnesscenter. Leicht durchgeschwitzt und mit einem Handtuch bewaffnet warte ich am Trainertresen auf meinen Personaltrainer. Vorbildlich habe ich mich auf dem Crosstrainer warm gemacht und bin schon leicht ins Schwitzen gekommen. Mein bisheriges Fitnessprogramm langweilte mich zu Tode. Ich brauchte ein bisschen frischen Wind und einen roten Faden in meinem Fitnessplan. Das soll sich nun ändern.

Nachdem ich meinem Fitnesstrainer mein Leid klagte, notierte er sich – ganz der Fachmann – allerlei Dinge auf einem Hochglanzzettel, der auf seinem Klemmbrett angebracht war. Ich fühlte mich beobachtet und analysiert. Irgendwie kam ich mir blöd vor. Ich suchte neue Ideen und kam mir vor wie ein Hilfesuchender zwischen all den Muskelbergen, die sich zur Rushhour am Montag Abend durch das Fitnesscenter schoben, in dem auch ich regelmäßig schwitze.

Nachdem feststand, dass ich meine Tiefenmuskulator stärker trainieren soll, machten wir uns auf den Weg zum ersten Gerät? Gerät? „Ohne Gewichte und Maschinen geht es auch.“, versicherte mir Stefan, mein Trainer. Wir landeten vor eine Gummimatte auf dem Präsentierteller, auf dem sonst nur Leute liegen, die ihren Bauch trainieren wollen. Nun fühlte ich mich nicht nur blöd und hilfesuchend, sondern obendrein beobachtet. Egal. Ich war hier, um Neues zu lernen.

Yoga-ähnlich verschraubte ich mich. „Langsam soll ich die Übungen machen.“, versicherte mir Stefan. Ständig kamen korrigierende Kommentare: „Bauch rein!“, „Leicht anwinkeln!“, „Po runter!“, „Streck die Arme ganz durch!“. Schließlich streckte ich mein Handtuch weit vor mir aus, hielt es mit beiden Händen fest und machte mit leicht gebeugten Beinen Kniebeuge. Alles zog an mir. Manchmal verlor ich bei kunstvoll durchgeführten Ausfallschritten kurz das Gleichgewicht. Ich kam mir vor wie der letzte Trottel. Die vielen Leute, die uns gelangweilt auf ihren Geräten sitzend zusahen, bemerkte ich nun nicht mehr. Schweißperlen rollten mir über das Gesicht, obwohl für den Betrachter meine Übungen ganz einfach aussehen.

[singlepic id=844 w=320 h=240 float=right]Da ich ein komplettes Konzept „gebucht“ hatte, gab er mir auch noch ein paar Tipps zur Ernährung: „Wenn Du Hunger hast, aber keine Kalorien zu Dir nehmen willst, helfen Reiswaffeln ohne Salz. Ein Gramm Salz bindet im Körper sechs Gramm Wasser. Ein Gramm Kohlenhydrat bindet drei Gramm Wasser. Und wenn Dich mal der kleine Hunger zwischen den Mahlzeiten erwischt, dann iss 3-4 Mandeln, die senken den Blutzuckerspiegel, und man hat keinen Hunger mehr. Grüntee entwässert und reinigt den Körper von Giftstoffen.“

Ich kam mir elend vor. In der letzten Woche, als ich beruflich in Europa unterwegs war, ernährte ich mich überwiegend von Fastfood. Ich wußte, dass das nicht gesund war. Doch muss er mir denn gleich die Reiswaffeln um die Ohren hauen?

Vollkommen platt kroch in in Richtung Umkleide, schlüpfte wieder in meine Straßenklamotten und verließ das Fitnesscenter mit einem merkwürdig mulmigen Gefühl. Gut, dass das Einkaufscenter, in dem mein Fitnesscenter ist, einen Biomarkt hat. Noch nie war ich dort. Nun war ich genau in der richtigen Stimmung. Ich kaufte Reiswaffeln (pro Waffel 30 Kalorien), 200 Gramm unbehandelte Mandeln und grünen Tee. Schlappe 8 Euro ärmer ging ich nachhause. Überall stand „Bio“ drauf.

Nun sitze ich hier, schlürfe grünen Tee und beiße in staubtrockene Reiswaffeln, die doch nicht so schlecht schmecken, wie ich zunächst dachte. Vielleicht ist das ja ein ganz neuer Ansatz. Vielleicht hat mich der Alltag morgen aber auch schon wieder. Aber immerhin: In diesem Augenblick halte ich diesen roten Faden in den Händen und habe einen neuen Fitnessplan.

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