Als wir durch die Wüste von Nevada fuhren, und uns zur Mittagszeit hungrig war, suchten wir mit unseren Navigationsgeräten eine Möglichkeit, um Rast zu machen. Das Einzige Ziel, das etwa entlang unserer Route verlief, war 70 Kilometer weit entfernt.

Bei so einer fehlenden Auswahl stellt sich die Frage nach Wünschen nicht. In so einem Augenblick, nimmt man auf einer Fahrt durch die USA alles, was sich einem bietet – zur Not auch Fastfood. Wir machten uns also keine allzu großen Hoffnungen, als wir mitten in der Wüste eine ziemlich schäbig aussehende Holzhütte betraten, um dort Mittag zu essen.

Wir nahmen Platz an einem wackeligen Tisch auf wackeligen Stühlen gleich neben dem Billardtisch, an dem zwei Rentner (so zwischen 70 und 80 Jahren alt) spielten. Am Tresen stand wohl ein Fernfahrer – klassisch mit einem Holzspieß im Mund, ständig mit den Backenzähnen darauf kauend.

Die Essensauswahl war ebenfalls recht dünn: Hamburger, Cheesburger, Chickenburger, mit und ohne Pommes, mit und ohne Gurke. Punkt. Ende. Auswahl vorbei. Ich entschied mich für einen Chickenburger und wanderte erst mal auf die Toilette.

Über dem Pissoir konnte ich dann folgenden Spruch lesen: “Please so not throw cigarette buttes in the urinal. — The fingers, that put them out, are the same fingers, that put the ice cubes in your drink.” Spätestens jetzt wäre dieses Lokal – stünde es in Deutschland – von mir als Fernfahrerkneipe abgestempelt gewesen. Doch ich sollte mich täuschen, und wie!

Während wir also auf unsere sicher sehr kreativ zubereiteten Burger warteten, schauten wir uns um. Plötzlich sah ich eine Radkappe von BMW mit eingravierter Jahreszahl und ein paar Namen. Daneben hing ein Kühlergrill von Mercedes und eine Felge von Opel. Auf allen Teilen prangten Jahreszahlen und Namen. So langsam begann ich, zu staunen. Denn die notierten und geritzten Jahreszahlen ließen vermuten, dass hier Fahrzeugentwickler aus der ganzen Welt schon vor knapp 30 Jahren gewesen waren, um zu Mittag zu essen.

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Je mehr ich mich umsah, desto mehr Andenken und Hinterlassenschaften vergangener Erprobergenerationen entdeckte ich. Die gesamte Einrichtung des Ladens bestand aus Hinterlassenschaften überwiegend europäischer Fahrzeugentwickler. “Das ist ja unglaublich!”, dachte ich. Doch nicht nur ich dachte so, auch den anderen sah man die Überraschung über das, was sie sahen, an. Wir sahen auch, dass nicht alle Besucher einen Gegenstand an die Wand nagelten. Einige notierten die Jahreszahl und ihre Namen auf einer Dollarnote und tackerten diese an eine der umgebenden Holzwände.

Und genau das taten wir auch.

Auch wir verewigten uns in diesem Lokal, das zwar nicht am Ende der Welt lag, von da aus man es aber beinahe sehen konnte. Wir waren stolz, auf alten, ausgetretenen Pfaden von Entwicklergenerationen gewandelt zu sein. Vielleicht waren wir auch überrascht, nicht die einzigen in dieser gottverlassenen Gegend zu sein. Vielleicht packte uns auch ein Mix aus Begeisterung, Überraschung und purem Spaß an der Arbeit, uns dort – auf einer Dollarnote – zu verewigen.

Und so hängen wir auch heute noch dort, ganz bestimmt. Nein, ganz sicher: in guter Gesellschaft und für die Generationen an Fahrzeugentwicklern, dir ganz bestimmt irgendwann einmal nach uns kommen werden.