Der zweite Tag in Los Angeles sollte entspannter werden, als der erste es gewesen ist. Deshalb liehen wir uns zwei Mountainbikes aus, um lässig, sportlich und entspannt am Strand von Santa Monica und Venice Beach entlang zu fahren.

Die Sonne schien von einem strahlend blauen Himmel. Wir genossen die warmen Sonnenstrahlen auf unserer Haut und wurden – langsam aber sicher – so entspannt, wie die Einwohner, die hier am Strand ihre Künste vorstellten, Kunststücke darstellten, ihre Muskeln trainierten, oder lässig auf einem Skateboard durch die Halfpipes & Co. rollten. Dies muss, so stellten wir fest, die “sunny side of life” sein. Uns wurde klar, warum es so viele Reiche aus Los Angeles hierher zog. Sie gaben Millionen Dollar aus, um ein Strandhaus mit Meerblick zu kaufen, um dieses Gefühl an jedem Tag ihres Lebens zu haben.

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Dass es aber nicht allen am Venice Beach so gut zu gehen schien, stellten wir fest, als wir bei einem Straßenkünstler anhielten, um uns seine Show anzusehen. Im Halbkreis stellte sich die Menge um sein ausgebreitetes Laken, das voller Glasscherben war. Die Glasscherben waren echt, hart und spitz. Der Straßenkünstler erklärte, dass er auf die Glasscherben springen würde, denn nur dann würde er Geld verdienen. Und bei dem Geräusch der Scherben wurde allen Zuschauern etwas mulmig zumute. Und dann geschah das, wovor ich in solchen Situationen Angst habe: Ich wurde zum Teil der Show.

Der Straßenkünstler bat mich, mich der Menge vorzustellen. Ich müsse ihm assistieren. Ich sollte den Stuhl festhalten, von deren Lehne er vorhatte, auf etwa einem Meter Höhe auf die vor uns ausgebreiteten Glasscherben zu springen. Mir gingen so Dinge durch den Kopf wie: “Was mache ich, wenn er sich verletzt? Was mache ich, wenn ich mich verletze? Ich fasse den nicht an! Ich gucke nicht hin!”.

Mir war also nicht wohl, als der Straßenkünstler buchstäblich vor meinen Augen in die Scherben sprang. Und ich konnte nichts weiter machen, als den Stuhl, von dem er sprang, festzuhalten und dem Knacken der Glasscherben unter seinen Fußsohlen zuzuhören.

Doch seine Füße blieben heil. Warum, merkte ich nur Sekunden vor seinem Sprung in die Scherben: Die Füße des Mannes waren so verhornt und knochig, dass keine Scherbe in seine Fußsohlen eindringen konnte. Im Nachhinein wird mir, jetzt, wo ich diese Zeilen schreibe, noch immer etwas mulmig, bei der Vorstellung, dass ich mittendrin in diesem Geschehen war.

Aber es ich auch wieder eine Geschichte. Eine Geschichte, die man gut erzählen kann.

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