Für den vorletzten Tag in den USA planten Jan und ich den Besuch eines Basketballspiels. In der Hotellobby eines Best Western Hotels nutzten wir das freie WLAN und riefen einige Veranstaltungskalender von Phoenix auf. Wir wussten, dass Phoenix eine recht gute Basketballmannschaft hatte, also zögerten wir nur kurz, als wir sahen, dass am 24.05.2011 ein Spiel zwischen den Phoenix Mercurrys und den Japan Sunflowers im US Airways Center stattfand.

In der riesigen Halle mit steil ansteigenden Sitzbänken wurden wir von zahlreichen Ordnern an unsere Plätze delegiert. Auf meinem Platz lag sogar ein Geschenkgutschein, den ich zur Halbzeitpause am Stand der Phoenix Mercurrys einlösen könnte. Ich war begeistert, hatte ich ein echtes Basketballspiel doch noch nie besucht.

Bis kurz vor Spielbeginn füllte sich die Halle nur mäßig, und so langsam machten wir uns Sorgen, ob wir wohl zu früh erschienen seien. Auf dem Spielfeld machte sich eine Jugendmannschaft warm, und wir erklärten uns die Situation damit, dass die Jugendmannschaft wohl eine Art “Vorgruppe” sei, ehe die richtigen Profis in das Spiel einstiegen. Als wir im Best Western Hotel noch Plätze im Station aussuchten, wurde uns der Saalplan als fast ausgebucht angezeigt.

Mit reichlich Trommelwirbel und visuellen Effekten begann dann, pünktlich um 19 Uhr, das Spiel. Die amerikanischen Fans standen auf, jubelten und feuerten die Mercurrys an, die in Phoenix ihr Heimspiel hatten. Jan und ich jubelten auch. Wir waren aber Mitläufer und fühlten uns schnell unwohl, weil wir sowohl die Parolen, die geschrien wurden, als auch die Sprechgesänge, zu denen der Kommentator immer wieder aufrief, nicht kannten. Also setzten wir uns und zogen plötzlich merkwürdige Blicke auf uns. Uns war das egal, sah uns wahrscheinlich ohnehin jeder an, dass wir Touristen waren.

Als schließlich der erste Ball der Mercurrys in dem Korb der gegnerischen Mannschaft versenkt wurde, feierten die Amerikaner den ersten Ball und setzten sich plötzlich. “Aha!”, dachten wir. Das also war der Sinn des Stehenbleibens: Man durfte sich als Fan erst nach dem ersten versenkten Korb der eigenen Mannschaft setzen.

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Jan und ich verfolgten das Spiel der jungen Mannschaft aus unserer entfernten Position heraus genau und versuchten, ein paar Spielregeln zu rekonstruieren. Doch fiel uns plötzlich auf, dass ausschließlich Frauen auf dem Spielfeld waren. Und mit einem Mal dämmerte uns, was das für ein Spiel war: Wir waren zwar in einem NBA-Spiel gelandet, jedoch einem WNBA-Spiel. Wir saßen in einem Spiel der Frauenmannschaften der NBA. Mit einem scharfen Blick auf unsere Eintrittskarten bestätigte sich unser Verdacht: Das “W” stand also nicht für “Worlds”, sondern für “Womens”.

Schnell gewöhnten wir uns an die neue Situation. Jedoch blieben harte Zweikämpfe mit brutalen Fouls und schnelle Spielzüge der wahren Riesen des Basketballs aus. Das Publikum feierte dennoch die Mercurrys, Maskottchen tanzten über das auf Hochglanz polierte Parkett der Spielfläche, und Helfer mit riesigen weißen Wischmopps waren kontinuierlich damit beschäftigt, die Schweißtropfen, die das Parkett rutschig machten, wegzuwischen. Die Besucher wurden durch Sprechchöre und riesige Videowände in das Spielgeschehen unmittelbar einbezogen. Das kannte ich aus Deutschland so nicht. Auch wurde die Nationalhymne gespielt, zu der sich jeder Amerikaner auf die Brust fasste und voller Eifer mitsang.

In der Halbzeitpause (die ja eigentlich eine 1/3- oder 2/3-Pause ist) holte ich mir meinen Gewinn ab: einen lila-orange-farbenen Sportbeutel der Mercurrys. Ein Fanartikel, der mit Sicherheit in meinem Kleiderschrank verstauben würde.

Doch trotz des nicht ausverkauften Stadions, der etwas kleineren Spieler und des nicht ganz so brutal-aggressiven Spiels war der Abend sehr schön, und ich kann mitreden, wenn ich gefragt werde, wie ein amerikanisches Basketballspiel wohl abläuft. Denn ich war dabei.