Mit dem Laptop auf dem Schoß klicke ich mich durch die Bilder des Fotourlaubs in Irland. Wir sitzen in der Lobby der B&B-Unterkunft in Dublin alle nebeneinander. Es ist schon fast zu ruhig für so viele Menschen, die ein und das selbe Hobby teilen. Doch während alle um mich herum versuchen, mit dem Trackpad des Laptops Bilder im Photoshop zu retuschieren, überlege ich, welche Erkenntnisse ich während der letzten neun Tage zum Thema Landschaftsfotografie habe sammeln können. Die 6 Erkenntnisse:

(1) Landschaftsfotografie ist zeitaufwendig.
In kaum einem anderen Themenfeld der Fotografie dauert es so lange, das perfekte Foto zu machen. Man muss anreisen, sein Equipment aufbauen und einstellen. Und dann muss man ausharren, bis die Sonne da steht, wo man sie haben will, die Schatten von Bäumen so lang sind, wie man sie braucht, oder die Wolken sich deutlich vom blauen Himmel abheben. Kommt dann der perfekte Moment, macht man 20-30 Bilder, von denen am Ende vielleicht eines “wirklich perfekt” ist. Achja: Und nachhause fahren muss man ja auch wieder!

(2) Landschaftsfotografie ist eine Materialschlacht
LEE-Filter, Nodalpunktadapter, ein stabiles Stativ, Reinigungstücher, Wetterhülle für die Kamera und noch einiges mehr sind notwendig, wenn man sich mit seiner Kamera in die Natur begeben möchte. Wer dem Wetter ausgesetzt ist, sollte besser auf alles vorbereitet sein, daher ist wetterfeste Kleidung eine Grundvoraussetzung für die Landschaftsfotografie. Aber auch fototechnisches Equipment ist entscheidend. LEE-Filter können den hohen Dynamikumfang vieler Landschaften einfangen und technisch toll umsetzen. Ein Nodalpunktadapter vermeidet Parallaxeverschiebungen bei Panoramaaufnahmen, der Hauptdisziplin der Landschaftsfotografie, und ein Stativ gehört zur Grundausrüstung eines Landschaftsfotografen, da die Belichtungszeiten aufgrund hoher Blendenwerte (>11) sehr lang sind.

(3) Landschaftsfotografie ist unglaublich wetterabhängig
Der Spaß an der Landschaftsfotografie steht und fällt mit dem Wetter, das man für das Einfangen seines Motivs benötigt. Ein den ganzen Tag anhaltender Nieselregen kann einem nicht nur die Stimmung verhageln, sondern auch Fotomotive fade aussehen lassen. Das Licht in der Landschaftsfotografie wird von der Natur und der Sonne gesetzt, nicht von ProFoto, Walimex oder Hensel.

(4) kaum ein Bild ist vollkommen unbearbeitet
Die Rohbilddaten aus der Digitalkamera gehen fast nie, so wie sie sind, auf Webseiten oder in den Druck. Ob nun nur der Bildausschnitt optimiert wird, oder Einzelbilder zu einem Panorama zusammengeschnitten werden, Horizonte geradegerückt, oder Objektivverzerrungen korrigiert werden: In der Landschaftsfotografie kann man sorgenfrei einen gelben Sonnenuntergang rötlich einfärben und hinterher sagen: “Der war so!”. Retuschierte Bilder in der Landschaftsfotografie als “Retusche” zu erkennen, ist sicher schwieriger als in der Peoplefotografie.

(5) “Ausprobieren” ist die erste Regel
Christian hat es vorgemacht. Und ich war fleißiger Nachmacher: Kleinste Änderungen in der Perspektivwahl können ein Postkartenmotiv in einen echtes “Wow!”-Bild verwandeln. Manchmal braucht man sich nur umzudrehen, um ganz neue Motive zu entdecken. Landschaftsfotografen sollten keine Höhenangst haben und immer mutig einen Schritt weiter gehen (natürlich immer mit festem Halt unter den Sohlen!). Landschaftsfotografen sollten nicht bequem sein, denn die meisten Motive ergeben sich bei Sonnenauf- oder -untergang. Das heißt: Frühes Aufstehen ist hier Pflicht – oder langes Wachbleiben.

(6) Die Qualität der Bilder steht und fällt mit dem Location-Scouting
Wer sich Vorort nicht auskennt, hat im Grunde schon verloren. Bevor Stative aufgebaut und Kameras ausgerichtet werden, müssen Orte gefunden werden, die es wert sind, fotografiert zu werden. Niemand möchte Motive vor der Linse haben, die er an jedem Souvenierstand sieht. Also muss man sich als Landschaftsfotograf Zeit geben, fotografisch interessante Orte zu finden. Und man sollte es nicht als “langweilig” empfinden, einen Ort ein zweites Mal – mit Kamera – aufzusuchen.

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