Das nächste Ziel meiner Reise durch Florida ist ein Flamingo Resort. So jedenfalls steht es auf meinem Reiseplan. Allein soll ich dahin fahren und ein paar Bier trinken. Kaum sitze ich in meinem Mietwagen, bricht über mir der Himmel auf.

Innerhalb von wenigen Minuten zieht sich der Himmel so stark über St. Petersburg zusammen, dass ich schon fast befürchte, in einem Hurrikan gelandet zu sein. Denn im September beginnt die Hurrican-Saison in Florida. Mein Scheibenwischer kämpft auf der höchsten Stufen gegen die Fluten, die sich nun nicht mehr nur auf der Scheibe, sondern auch unter mir befinden: Die Straße steht komplett unter Wasser.

Als ich schließlich im Flamingo Resort ankomme, hat sich der wilde Sturm etwas abgeschwächt und ist zum Regenschauer geworden. Schnell steige ich aus und hüpfe die paar Meter zum Eingang. Kaum komme ich rein, stehe ich auch schon an der Bar. “Eine Cola bitte.”, sage ich dem nur mit Shorts bekleideten Kellner hinter der Bar. Wenige Sekunden später reicht er sie mir rüber: “Die geht auf’s Haus. Herzlich Willkommen.” Mit der Cola in der Hand fühle ich mich allein im Club (Ja, es ist ein Club, in dem ich gelandet bin.) schon nicht mehr unwohl und drehe eine Runde.

Das Flamingo Resort ist ein Motel. In der Mitte zwischen den zweigeschossigen Zimmern, die im typisch amerikanischen Stil mit den Zugängen auf langen offen Fluren gestaltet sind, befindet sich ein Pool. Im Pool baden noch ein paar, rings herum ist es nun etwas leerer. Nur ein einzelner tanzt munter zur Popmusik im Regen, die aus allen Richtungen dröhnt.

Das Flamingo Ressort ist eine schwule Wohn- und Partyanlage, in der sich so kurz nach dem Sturm allerlei Typen unter den Dächern aufhalten. Jung. Alt. Dick. Dünn. Hier gibt es für jeden etwas, und alle machen auf mich den Eindruck, auf der Suche zu sein. Die mir nun schon bekannten Gogo’s tanzen auch hier auf dem Tresen, mit ein paar Dollerscheinen in den ziemlich knappen Shorts.

Um mich herum scheinen sich alle von irgendwoher zu kennen. Viele haben einen kleinen Plastikeimer mit Henkel und Strohhalm dabei. In diesen Plastikeimern werden die Cocktails serviert, sicher, damit niemand in eine Scherbe läuft – so dicht neben dem Pool. Nach ein paar Minuten komme ich mit Carlos, der neben mir steht, ins Gespräch. Er erzählt mir, dass er aus Miami kommt, und die Party, die hier allwöchentlich Sonntags stattfindet, sehr schön findet. “Hier gibt es nicht nur Latinos. Die gibt es vokalem in Miami.” Carlos, der selbst ein Latino ist, steht eher auf den europäischen Typ, schaut mich mit großen Augen an und klappert mit allem, was nicht festgewachsen ist. Das Haupteinzugsgebiet des Flamingo Ressorts ist St. Petersburg, Clearwarter und Tampa, die nächstgelegene Großstadt im Landesinneren, etwa eine 30ig-minütige Autofahrt entspannt.

Etwa eine Stunde später stehe ich noch immer neben Carlos, beobachte die Gogo’s, die sich in den Dachbalken der überdachten Bar neben dem Pool festhalten und sich sexy zur Musik bewegen. In der Hand halte ich nun auch ein alkoholfreies Bier. Die Sonne ist zurück und geht langsam im Meer unter, das ich ebenfalls sehen kann. Auf dem Rückweg laufe ich an einem der Zimmer des Flamingo Resorts vorbei. Die Tür steht weit offen. Leider bestätigen die Webseiten was ich sehe. Wer auf der Suche nach einer netten schwulen Partylocation ist, und dem weißen Sandstrand von St. Petersburg entfliehen möchte, der findet im Flamingo Resort also eine interessante Möglichkeit, unter Schwulen einen Cocktail zu schlürfen und von einheizenden Beats umgeben zu sein.

Im The Queenshead werde ich von Darren begrüßt. Darren ist einer der beiden Besitzer eines schwulen Restaurants im schwulen Viertel von St. Petersburg, kommt aus Großbritannien und hat einen entsprechend herben Humor. Sein Mann Paul steht im inneren des Restaurants hinter der Bar. Zusammen mit Wayne, den ich morgen im Chihuly-Museum wiedersehen werde, nehmen wir in der Außenanlage Platz. “The Queenshead” hat sich auf europäische Gerichte und eine hohe Qualität der verwendeten Lebensmittel spezialisiert. Entsprechend übersichtlich ist die saisonal gestaltete Karte. Ganz besonders empfehlen möchte er mir aber, so ungewöhnlich das für Florida auch ist, Fish’n’Chips. “Damit legst Du die Messlatte aber sehr hoch.”, entgegne ich ihm. “Vor drei Jahren war ich in Newcastle in UK und habe dort die besten Fish’n’Chips ‚ever‘ gegessen.” Das beeindruckt Darren nicht. “Das können wir hier noch besser.”, entgegnet er mir mit seinem schelmischen Lächeln im Gesicht. Eine halbe Stunde später muss ich im Recht geben: Zu den Klängen von U2 esse ich ganz grandiose Fish’n’Chips. Aus Wayne schmeckt es super.

Darren, selbst nicht mehr hungrig, erzählt mir von den vielen Popkonzerten, die es in St. Petersburg gibt: “Die Per Shop Boys waren erst vor einem Tag hier. Ein wunderbares Konzert.”, meint Darren. Ob ich “Erasure” kennen würde? Nicht? Darren rennt unvermittelt in sein Restaurant, kurz ist es ruhig. Laut dröhnt “A Little Respect” aus den Boxen.

“Woher kommt der Name ‚The Queenshead‘ eigentlich?”, frage ich Darren. Er lächelt, als hätte er nur auf die Frage gewartet. “So merkwürdig es auch klingt, aber in England heißen eine Menge Restaurants und Bars ‚The Queenshead‘. Und da Paul und ich aus England kommen, lag es für uns nahe, unser eigenes Restaurant ebenso zu nennen. Eine größere Geschichte dahinter gibt es eigentlich nicht.”. So informiert und mit leckerem Essen im Bauch verabschiede ich mich von beiden, verlasse diese in rosa Licht getauchte Bar. Der nächste Tag in St. Petersburg verspricht sehr kunstvoll zu werden.