Als ich heute Nachmittag zurück nach Berlin gekommen bin, ging ich eigentlich davon aus, dass es ein ruhiger Ostermontag-Abend werden würde. Womit ich nicht rechnete, war der Anruf eines Freundes, mit dem ich schon seit Jahren voller Feuereifer über Webtechnologien & Co. diskutiere.

Dieser Freund rief mich an, um mit mitzuteilen, wie blöd er sich gegenüber einiger anderer verhalten hat. Anderer, die er für seine bzw. unsere Ideen gewinnen wollte. Er schilderte mir haargenau, was schief gelaufen ist, und dass ich doch besser bei diesem Termin dabei gewesen wäre. Er erzählte mir, was zum Greifen nah war und doch durch seine Finger geronnen ist. Da zum Zeitpunkt seines Anrufs von ihm aber schon alle Felle davon geschowmmen waren, redeten wir nur im Konjunktiv: hätte, wäre, wenn …

Hätte er mich mal über den Termin informiert. Wäre er mal besser vorbereitet gewesen. Wenn er nur dieses oder jenes gelassen oder gemacht, gesagt oder angedeutete hätte.

Für mich war es schon eine schlechte Information von all den Erlebnissen zu hören, aber ich versuchte – zumindest argumentativ – das beste aus der Situation zu machen. Mein Kumpel jedoch sah nun jede Hoffnung schwinden und teilte mir noch am Telefon mit, dass er sich nun erstmal volllaufen lassen würde.

Gut, dachte ich mir. Das ist schließlich auch eine Form, über schlechte Ereignisse hinwegzukommen.

Womit ich jedoch nicht rechnete, waren einige SMS, die dann im Laufe des Abends auf mein Handy flatterten. SMS, die ich hier lieber nicht niederschreibe. SMS, in denen jemand seinen eigenen Frust an mir auszulassen versuchte.

Plötzlich wurde MEIN Leben kritisiert. Mein Job, mein Privatleben, meine Hobbys standen knietief im Alkoholpegel meines Freundes und mußten diesem Promille-Pegel standhalten. Nichts von alledem hatte mit dem verpatzten Termin von ihm zu tun, von dem ich weder wußte, noch dass ich teilgenommen hätte.

Ich hielt mich zurück mit Kommentaren zu diesen SMS und der einen Mail, die schlussendlich auch noch bei mir ankam. Ich redete mir ein, dass dies nur eine Phase sei, dass er die SMS am nächsten Tag lesen würde und schließlich wieder „zur Besinnung“ kommen würde.

Geschockt war ich dennoch den ganzen Abend lang. Denn ein Sprichwort ging mir nicht aus dem Kopf:

„Nur kleine Kinder und besoffene Männer sprechen die Wahrheit.“

Sprudelte aus dem Kopf meines Freundes also etwas, was er schon lange in sich herumtrug, sich aber nie zu sagen getraute? Wollte ich ihn einen Freund nennen, obwohl er mich und mein Leben so arg unter der Gürtellinie attackierte? Wo zieht man die Grenze? Was ist „im Suff gesagt“ und was ist ernst gemeint? Würde man über all diese Anschuldigungen reden, oder würde man sie totschweigen?

Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass der Abend heute für diese Freundschaft nicht gut war. Ich weiß auch, dass er dies hier sicher lesen wird. Wie es weitergehen wird, weiß ich nicht. Ich warte einfach ab und schau, was geschieht.