In Berlin wird es Ende April einen Volksentscheid zu einer recht interessanten Frage geben: „Müssen die Kinder an Berliner Schulen demnächst verpflichtend zwischen Ethik und Religion entscheiden (Volksentscheid: JA), oder bleibt Ethik Pflicht und Religion ein freiwilliges Fach? (Volksentscheid: NEIN)“.

An und für sich sollte man mit „JA“ stimmen. Denn schließlich soll doch jeder die Möglichkeit bekommen – auch an Schulen – seinen Glauben auszuüben und sich zu einer bestimmten Glaubensrichtung zu bekennen. Denkt man jedoch ein zweites Mal darüber nach, kommen schnell Zweifel auf. Wenn es ein Fach wie den Islam gibt, wofür werden sich die Kinder in den Berliner Problembezirken wohl entscheiden, wenn sie zwischen Ethik und dem Islam wählen müssen. Werden die Eltern sie nicht drängen, sich für den Islam (Fach: Religion) und gegen das allgemeinbildende Fach Ethik zu entscheiden?

Ich selbst habe Ethik zu Schulzeiten gehasst. (Ja, ich schreibe „gehasst“, weil ich damals wirklich so dachte.) Das lag jedoch zu einem großen Teil an der Lehrerin, die dieses Fach an meiner Schule nur widerwillig lehrte und jede Möglichkeit nutzte, uns dies spüren zu lassen. Schaue ich heute jedoch auf die damaligen Themen zurück, weiß ich, dass mir dieses Fach ein solides Allgemeinwissen über sämtliche Glaubensrichtungen und philosophischen Denkweisen gegeben hat, wie kaum ein Buch oder Artikel, das/den ich später las, je getan hätte. Auch wenn mich zur damaligen Zeit Buddha, der Islam und das Christentum nur am Rande interessierten, Siddartha und Albert Schweitzer mir fremder waren als Michael Jackson und E.T., vermittelte mir dieses Fach dennoch einen allgemeingültigen und wertfreien Überblick über all diese Themen.

Aus eben dieser Erfahrung werde ich mit „NEIN“ im Volkentscheid stimmen.

Denn sollten die Kinder Berlins zukünftig die Wahl zwischen Ethik und Religion haben, und sollten sie sich für Religion entscheiden, bleiben ihnen viele andere Sichtweisen (abseits der gewählten Religion) auf bestimmte Themen komplett verborgen. Ich unterstelle den Schulkindern Neuköllns mit überwiegend hohem „Migrationshintergrund“ ( …  mein Unwort des Jahres 2007), dass sie sich teils auf Druck ihrer Eltern für den Islam als Religion entscheiden. Integration in eine Gemeinschaft voller Kulturen und Religionen – ja, ich meine Berlin – ist das aus meiner Sicht nicht. Diese Kinder wachsen dann nämlich in ihrer eigenen Subkultur auf, ohne je über den Tellerrand geblickt zu haben.

Was den Kindern auch bei einem erfolgreichen „NEIN“ in der Volksabstimmung übrig bleibt, ist, den Religionsunterricht als freiwilliges Wahlfach zu wählen. Die Kinder von heute werden also nach wie vor die Möglichkeit haben, sich für eine Religion oder Lebensweise zu entscheiden und sich darin „schulen“ zu lassen. Dass sie dann jedoch noch immer das Fach Ethik besuchen müssen, ist mir wichtig.