Ich weiß gar nicht mehr, wie ich in das StudiVZ gekommen bin. Manchmal glaube ich, dass es eine ehemalige Arbeitskollegin war. Ein andermal vermute ich einen ehemaligen Studienkollegen. Das ändert aber auch nichts an der Tatsache, dass ich darin bin und hunderte andere mich finden, anklicken und neugierig mein Profil durchstöbern.

Eigentlich ist das StudiVZ eine gute Idee: ehemalige Studienkollegen vernetzen sich und ihre Freunde miteinander, um während des Studiums und danach in Kontakt zu stehen. So ergeben sich viele „Aha“-Erlebnisse und einige nette Gespräche. Allerdings ertappe ich mich immer wieder dabei, wie ich neugierig die Kontakte meiner Kontakte ansehe. Ein Anthropologe hat einmal nachgerechnet und fand heraus, dass die gesamte Menschheit angeblich über 7 Ecken miteinander in Kontakt steht. Diese Theorie machen sich Internetportale wie Xing oder das StudiVZ zunutze, indem sie die angemeldeten Mitglieder systematisch vernetzen.

Ein Beispiel: Ein ehemaliger Schulfreund hat einen guten Freund, den ich bis vor wenigen Tagen noch nicht kannte, der jedoch mit mir an der TU Dresden studiert hat. (So hätten wir uns zwar kennen können, sind uns aber scheinbar nie über den Weg gelaufen.) Dieser Student der TU Dresden hat sein Studium natürlich schon beendet und arbeitet nun für eine Firma am Bodensee. Bis hierhin alles langweilig, doch nun kommt der Knaller: Ich kenne wiederum einen (anderen) Studienkollegen, der bei dieser Firma am Bodensee arbeitet, der den Freund meines Schulfreundes kennt. Und jetzt schließt sich der Kreis: bekannt über 4 Ecken.

Für mich sind diese Informationen eher Unterhaltung als alles andere. Doch es gibt genügend Firmen, die auf dieses Prinzip aufspringen und versuchen, diese Vernetzung für Werbezwecke und ähnliches zu nutzen. Nun fängt sicher der ein oder andere an, seine Stirn in Falten zu legen. Denn möchte man unbedingt, dass ein so komplexes Beziehungsnetz im Internet so transparent und für jeden verfügbar herumliegt?angeber001

Obwohl ich auch ein Profil im StudiVZ habe und auch in anderen Foren und Portalen ein Stück meiner Vernetzung offen lege, achte ich jedoch immer noch darauf, dass meine Privatsphäre davon gut abgeschottet bleibt. Das was ich hier (auf dieser Seite) und anderswo offenbare reicht bei weitem nicht aus, um mich einschätzen zu können. Auch achte ich peinlich genau darauf, keine Daten zu nennen, die dazu führen könnten, dass der ein oder andere an meiner Haustür klingelt, den ich nicht kenne.

Doch es gibt – gerade im StudiVZ – einige, die ein so unglaublich transparentes Leben führen, dass man nur mit offen stehendem Mund über die Informationen staunen kann, die diese Leute dort preisgeben. Mit wem war XY zusammen? Wann sind sie im Streit auseinander gegangen? In welchem Club treffe sich XY und YZ regelmäßig? Mit wem hat sich XY kurz nach der alten Beziehung vergnügt? Wie oft haben sich XY im letzten Jahr ins Koma gesoffen, und welche Musik hat er dabei gehört? Beinahe alle Banalitäten des Alltags kann man unter das Volk streuen und nicht nur seine Freunde, sondern auch den Rest der Community damit unterhalten.

Das alles hat noch einen ganz witzigen Aspekt. Doch ein ehemaliger Arbeitskollege von mir (den ich in den letzten zwei Jahren nie mehr gesehen habe), der sich selbst gern als „Frauenversteher“ und „Checker der Nation“ bezeichnet hat, stellt nun nicht mehr nur die Schnappschüsse mit seinen Ehemaligen dar. Nun will er mit Nacktfotos von sich die Community auf sich aufmerksam machen, nach dem Motto: Schaut her! Das könnt ihr haben! Schreibt mich nur an!

Vielleicht bin ich vollkommen altmodisch. Vielleicht habe ich auch einfach den Zahn der Zeit verlogen oder noch nicht verstanden. Doch das geht für mich ein ganzes Stück zu weit. Transparenz ist ja gut und schön, mein Privatleben ist aber weitaus schöner und schützenswerter, als es vor allem und jedem breit zu treten.

Aber das muss letztlich jeder selbst entscheiden.