Mit meinen wasserfesten Wanderschuhen stapfe ich über eine Kuhweide. Es kommt mir vor wie ein Jump’n’Run-Spiel, denn überall liegt Kuhdung. Ich möchte nicht hineintreten. Doch alles hier ist glatt und rutschig: Von oben kommt Regen, von unten die Scheiße. Doch ich möchte die Wellen fotografieren!

Wir fahren im Westen Irlands entlang einer Küstenlinie. Plötzlich sehen wir, wie bei dem trüben Regen die Wellen gegen schwarze Felsen prallen. Kurz entschlossen streifen wir uns Regenjacke und -hose über, schlüpfen durch ein Kuhgatter und hangeln uns entlang der nassen Felsen zur Brandung.

Die Wellen peitschen auf die Felsen, auf denen die Gischt und Algen einen Schaumteppich hinterlassen haben. Ich suche mir einen Stein, auf dem ich meinen Fotorucksack legen kann. Im Regen von oben und im Tröpfenhagel der Wellen von allen Seiten, packe ich die Kamera aus und halte sie in Richtung des schönsten Felsens. Ich beginne, einfach nur “drauf zu halten”. Welle um Welle bricht sich an den Steinen. Doch nie habe ich das Gefühl, den perfekten Augenblick getroffen zu haben. Immer wieder verschwindet die weiße Gischt im grauen Himmel.

Wellen zu fotografieren ist wirklich schwierig. Ganz besonders, wenn es dramatisch aussehen soll. Während ich am Strand stehe und durch den Sucher meiner Kamera blicke, überlege ich es, wie es wohl wäre, Naturfotograf bei National Geographic zu sein. Stundenlanges Warten auf das richtige Motiv, verbunden mit der Ernüchterung am Ende des Tages, dass einfach kein Bild den eigenen Ansprüchen genügt.

Mir wird nach einer knappen Stunde langweilig. Ich bin nass und klamm. Die Kamera lege ich nun weg. Eingepackt in meine Regenjacke, aber mit der Kapuze auf dem Kopf fühle ich mich aber irgendwie wohl. Der Wind peitscht um mich herum. Doch ich bin so warm eingepackt, dass er nicht bis auf die Haut vordringt. Ich spüre nur, wie sich meine Regenjacke trotzig dem Regen und dem Wind stellt. Herrlich.

Zurück im Mietwagen unterhalten wir uns über einen Bericht über die Fotografen von National Geographic: Für ein Foto braucht ein Top-Fotograf ca. 4 Wochen. Die Fotografen machen ein Location-Scouting, beobachten das Wetter wie Meteorologen und fotografieren ein und das selbe Motiv aus immer anderen Blickwinkeln, bei sich immer ändernden Witterungsbedingungen. 4 Wochen. 1 Foto. Nichts für mich.

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