Ich stehe neben Wayne. Er ist der Museumsdirektor eines Museums für Chihuly’s Glaskunst, dem Meister der Formen. Dale Chihuly, der 1941 geboren ist, hat sich sein gesamtes Leben über mit Glaskunst beschäftigt. Formschön, farbgewaltig und ohne Ende überraschend sind die Skulpturen, Schalen, Formen, Blüten, Kugeln und Kegel, zwischen denen ich mich bewege.
“Wie wird man Direktor eines Glasmuseums?”, frage ich Wayne, während wir durch die Ausstellung schlendern. Seine Antwort: “Wenn Du Sprachwissenschaften in Washington studierst und dich dazu während des Studiums mit internationalen Beziehungen beschäftigt, dauert es nicht lang, ehe die CIA dich fragt, ob Du bei ihnen arbeiten möchtest. Doch ich lehnte ab. Ich wollte nicht in einem Krisenherd dieser Welt sitzen und Telefonate übersetzen. Also widmete ich mich der Kunst.”
Die mich umgebenden Kunstwerke, durch die ich mit Wayne schlendere, sind immer wieder anders. Manchmal kann ich in ihnen eine Form erkennen. Manchmal jedoch sind sie einfach nur schön. Schön und bunt. Plötzlich fällt mir auf, dass wir uns im Grunde durch einen dunklen Raum bewegen, in dem all das Glas steht, und neben der Frage nach dem Staubwischen, frage ich mich, wie schwierig es wohl ist, die Kunstwerke auszuleuchten. Wayne’s Antwort: “Das Wichtigste bei Glaskunst ist das Licht. Nicht nur die Temperatur des Lichts entscheidet, sondern auch die Ausrichtung. Aber es ist nicht schwierig, mit Chihuly zusammenzuarbeiten. Er uns sein Team sind absolut routiniert, und wir alle arbeiten eng zusammen. Divenhafte Eskapaden gibt es keine. Wichtiger ist ohnehin eine ruhige Hand.”
Manchmal kommt die Kunst auch von der Decke, so wie die blauen und roten Medusen, die sich kegelförmig von der Decke wölben. “Mehrere Tonnen wiegt diese Installation. Je einzelne dieser Spiralen wurde separat geliefert und erst hier zusammengesteckt. Das gesamte Gebäude wurde mit der Kunst gebaut und wurde auf sie ausgerichtet. Nur so kann die Kunst so wirken, wie sie es tut. Nur so verschmelzen Architektur und Glaskunst.”, erzählt mir Wayne.
Ich frage ihn, ob schon jemals ein Exponat bei der Installation zerbrach. Anhand seiner Mine erkenne ich, dass er diese Frage nicht mag. Denn seine Antwort ist eine kurze: “Ja, das ist passiert. Aber das ist sehr sehr selten.”
Am Ende der Ausstellung führt mich Wayne zum angegliederten Museumsshop. Hier kann man drei Originale von Chihuly’s Werken kaufen. Eine circa 30 Zentimeter große bernsteinfarbene Schale hat einen stolzen Preis von $32.000 (ca. 23.600 Euro). “Natürlich gibt es auch Repliken, sogenannte Studioeditionen.”, entgegnet mir Wayne, nachdem er gesehen hat, wie ich spürbar innegehalten habe, nachdem er mir den Preis für Chihuly’s Kunstwerke nannte. “Diese kosten dann auch nur noch wenige tausend Dollar.”, sagt Wayne und geht mit mir in Richtung einer Wand mit etlichen Schalen. Jede einzelne ist ebenso kunstvoll ins Szene gesetzt, wie die großen Meisterwerke.
Ohne Schale aber mit vielen bunten Eindrücken auf meiner Netzhaut verabschiede ich mich von Wayne, der mir am Ende noch eine kleine Randnotiz auf den Weg gibt, die mich schmunzeln lässt: “Chihuly’s Glas kommt übrigens aus Deutschland. Ihr habt das beste Glas der Welt.”