[singlepic=77,250,249,,left]In der vergangenen Woche habe ich meine Mum mal wieder eingeladen, mich in Berlin zu besuchen. Da solche Besuche nur selten stattfinden, versuche ich immer, etwas Besonderes aus ihrem Besuch zu machen. Da ich vor ihrem Besuch das Musical Elisabeth bereits gesehen hatte und sehr schön fand, dachte ich mir, dass meine Mum das Musical wohl auch sehr interessant finden würde.

Nach dem Musicalbesuch fand ich es angebracht, dass wir mit dem Taxi zurück in den Prenzlauer Berg fahren würden, auch wenn der Weg vom Zoologischen Garten in den Prenzlauer Berg recht lang ist. Sich am Ende eines Musicalabends aber in die U-Bahnlinie U2 zu setzen, und sich einmal durch sämtliche U-Bahnhöfe kutschieren zu lassen, kann so einen Abend schnell zerstören.

Die Taxifahrer Berlins wissen natürlich ganz genau, wann das Musical zu Ende ist. Entsprechend lang war die Schlange der Taxis vor dem Theater des Westens, die mühelos bis auf den Kuhdamm reichten. Und die Zuschauer des Musicals, die sich eben noch ihre Krawatte zurechtrückten, zögerten nun, kaum dem Theater entkommen, keine Sekunde, mit drängeln, winken und pfeifen eines der begehrten Taxis zu bekommen.
Schnell fanden auch wir uns in dem Taxi eines Spandauer Alt-Berliners wieder, der die Straße, die ich als Ziel nannte, auch gleich in den Prenzlauer Berg einordnete. Ohne dass wir gefragt hätten, überschüttete er uns dann mit Berliner Weisheiten zum Prenzlauer Berg:

  • „Im Prenzlauer Berg wohnen schon lange keine Berliner mehr. Die kommen aus ganz Deutschland. Stuttgarter, Münchner, Kölner – nur Berliner findet man dort nicht.“
  • „Im Prenzlauer Berg essen die Leute auch keine Currywurst (das Quasi-Nationalgericht Berlins) sondern Sushi.“
  • „Dort wohnen die Leute auch nicht mehr in Wohnungen, sondern in Lofts und Penthouses“
  • „Aber einen guten Job scheinen die Leute zu haben, trotz der Arbeitslosenquote von 15% in Berlin. Das sei schon erstaunlich, dass es Leute wegen des Jobs nach Berlin zieht.“

Mit jedem Satz, den er sagte, rutschte ich etwas tiefer in meinem Sitz. Denn er brachte es mit wenigen Worten auf den Punkt. Alles, was er sagte, stimmte. Und ich gehörte voll und ganz zu den Leuten, die heute im Prenzlauer Berg wohnten.

Meine Mum schaute mich nur schweigend an. Ich sah in ihren Augen, dass sie exakt das gleiche dachte, wie ich in diesem Augenblick. Auch der Taxifahrer spürte, dass er mit dem, was er sagte, uns beide verunsicherte und zugleich stolz machte.

[singlepic=76,250,243,,right]Um die Situation etwas aufzulockern, fragte er mich dann, ob der den Tiergartentunnel nachhause nehmen sollte, oder entlang des Brandenburger Tors fahren solle. Das kostete nur einen Euro mehr, doch die Aussieht auf die nachts beleuchteten Gebäude, für die Berlin berühmt ist, wäre doch so schön. So startete der Taxifahrer gegen 23 Uhr mit seiner nächtlichen Stadtrundfahrt, vorbei an den nordischen Botschaften, der Philharmonie, dem Potsdamer Platz, dem Brandenburger Tor, dem Bundestag, der Friedrichstraße und dem Friedrichstadtpalast, bis wir schließlich über die Charité in Richtung Prenzlauer Berg einbogen.
Meine Mum genoss die Fahrt, und ich freute mich, dass der Abend mitsamt der Taxifahrt so beendet wurde, auch wenn der Taxifahrer mit seinen ersten Bemerkungen unser beider Nerv voll getroffen hatte.

Es war spannend, witzig und – typisch Berlin.