Zweimal im Jahr treffe ich mich mit meinem ehemaligen Chef. Schon langer ist er nicht mehr mein Chef. Doch als er es war, bereiste ich mit ihm buchstäblich die ganze Welt und führte, früh morgens um 5 Uhr genauso wie um Mitternacht, auf Autobahnen und Landstraßen ausserordentlich gute Gespräche. Manchmal pragmatisch. Manchmal philosophisch. Aber immer hoch spannend.

Heute war es mal wieder so weit, dass wir beschlossen, in der Oderberger Straße in Berlin, seiner Lieblingsstraße, gemeinsam ein Bier zu trinken. Und neben all der Themen, um die sich unsere Gedanken kreisten, fragten wir uns etwas ganz bestimmtes:

Was macht gute Führung aus?

Worauf kommt es an, wenn man viele Menschen in die strategisch beste Richtung lenken muss? Wie handelt ein CEO, Geschäftsführer oder auch einfach nur der eigene Vorgesetzte, richtig? Anhand welcher Kriterien entscheidet er/sie, in welche Richtung sich eine Firma strategisch bewegt?

All das sind mit Sicherheit keine einfach zu beantwortenden Fragen. Aber man kann sich Beispiele aus der Industrie heranziehen. So gibt es zum Beispiel Tesla. Tesla ist enger mit seiner Führungskraft vernetzt als kaum ein anderes Unternehmen auf der Welt. Einst verband man Steve Jobs mit Apple. Doch diese Zeiten sind längst vorbei. Nun kann man sich die Frage stellen: Ist Elon Musk eine gute Führungspersönlichkeit? Und, nachdem ich seine Biografie gelesen habe, würde ich denken: irgendwie schon. Aber Elon Musk führt seine Firma auch auf eine sehr schwierige Weise, denn Erfolg und Misserfolg sind direkt mit seinem Namen verknüpft. Geht er, geht bei Tesla – so wie wir es kennen – das Licht aus. Ganz sicher wird das so direkt nicht passieren, aber einen massiven Knick würde ein solcher Weggang ganz sicher auslösen. Auf der Suche nach einem tollen CEO kommen wir bei Elon Musk also doch an risikoreiche Grenzen.

Mein ehemaliger Chef brachte eine andere These auf, die ich sehr interessant finde: Ein guter Chef verkoppelt ganz bewusst nicht den Firmenerfolg an seinen Namen. Sondern misst seinen Erfolg daran, eine vollständig auf die richtige Strategie ausgerichtete Mannschaft zu haben. Eine erfolgreiche Führung besteht also in jemandem, der am Kopf der Firma steht, aber im Hinterland agiert. Es ist die Firma und ihre Produkte, die im Vordergrund stehen, nicht der Name des CEOs.

Mit dieser These nun, kann man wieder nach Firmen suchen, bei denen das der Fall ist. Ein wohl recht berühmtes und schon erwähntes Beispiel ist Apple, heute geführt von Tim Cook. Ist Tim Cook dieser charismatische Führer, an dessen Lippen – abgesehen von den Keynotes – jeder hängt? Sicherlich nicht. Er kann mit dem Charisma seines Vorgängers, Steve Jobs, nicht mithalten. Aber er hat Produkte erschaffen, die in aller Munde sind. (Na ja, vielleicht nicht „erschaffen“, aber doch zumindest sehr erfolgreich weiterentwickelt.)

Ich bin mir sicher, dass, wenn man die heutige junge Generation fragt (die Millenials), dann würde man auf die Frage: „Was verbindest Du mit Apple?“, mit Sicherheit Antworten bekommen wie: „Das iPhone.“, „Den Mac“, oder „Die EarPods“. Der Name Tim Cook würde viel später fallen.

Wenn einem also nicht gleich der Name des CEOs in den Kopf kommt, wenn man an eine Firma denkt, dann ist das durchaus ein gutes Zeichen. Und wenn diese Führung dann plötzlich wechselt, sich in dem Erfolg der Firma aber substanziell nichts ändert, dann ist das wohl das beste Zeugnis, das man einem scheidenden CEO bescheinigen kann. Denn dann hat dieser dafür gesorgt, dass die „Denkweise“, also die gedankliche strategische Ausrichtung eines jeden Mitarbeiters, richtig gesetzt ist.