Schon als wir die Stadtgrenzen von Houston überquerten, war uns klar, dass dies kein normaler Aufenthalt in einer US-amerikanischen Stadt sein würde. Denn wir hatten einen Reiseführer an Bord: Jürgen, meinen Chef. Er hatte zwei Jahre in Houston verbracht und dort gearbeitet. Also stand uns zum Feierabend eine Rundführung durch seine ehemalige Heimat bevor, die ganz sicher weit ab von den Touristenströmen liegen würde.

Doch bevor uns Jürgen “sein Houston” zeigen würde, verließ er uns mit der Bitte um etwas Zeit. Auch er wollte alte Bekannte besuchen und seinem ehemaligen Arbeitgeber einen Besuch abstatten. In dieser Zeit vertrieben wir uns die Zeit in einer der größten vollklimatisierten Shopping-Malls Houstons, gleich neben dem Hotel.

Zu Fuß war die Strecke zum Einkaufszentrum locker in wenigen Minuten zurückzulegen. Dennoch war der Weg dahin ein kleiner Spießroutenlauf, da es selbst in der Innenstadt von Houston keinerlei Bürgersteige gab. Kleine Trampelpfade am Wegesrand säumten die vielspurigen Straßen. Eines wurde uns klar, während wir uns den Weg bahnten: In der Hauptstadt des Öls läuft niemand. Nicht freiwillig. Nicht, solange er ein Auto hat.

Houston ist nämlich nicht nur die viertgrößte Stadt der USA. Houston ist auch die Hauptstadt der weltweit agierenden Ölkonzerne. BP, Shell und Co. hatten hier ihre Zentralen. Direkt vor dem Golf von Mexiko, der bevölkert ist von tausenden Ölbohrinseln und so gut erschlossen wie kaum ein anderes Meer auf der Welt, lag diese Stadt nicht nur geografisch günstig, tief im Herzen Amerikas.

In der Shoppingmall angekommen, schlugen mit Sicherheit einige Herzen höher, als Alex und Jan die Schlittschuhbahn im Fundament des Einkaufszentrums sahen. Ich fand den Anblick einer Schlittschuhbahn sehr merkwürdig, denn wenige Minuten bevor wir die Klimaschleusen durchquert hatten, kämpften wir noch mit der 35-40 Grad Celsius heißen Hitze Houstons. Die Shoppingmall sollte denen ähneln, die wir in den kommenden Tagen in diversen Städten der USA sehen sollten: auf Hochglanz poliert, auf angenehme 20 Grad Celsius heruntergekühlt und mit so vielen Geschäften, dass kein Wunsch offen bleiben konnte. Uns die Zeit bis zu Jürgens Rückkehr in die Vergangenheit sollte uns durch etliche Einkaufsmöglichkeiten vertrieben werden.

Doch Jürgen kehrte schneller zurück als gedacht, und so machten wir uns auf zu seinem ersten Geheimtipp am Rande des Unigeländes von Houston. Ein Schuppen am Rande der Straße wurde von den Einheimischen stark bevölkert, und die Schlange vor dem Tresen, an dem man sich selbst bedienen musste, schlängelte sich durch den ganzen Laden. Am Tresen angekommen hatte man schließlich allerlei Auswahl zwischen den unterschiedlichsten Fleischsorten, die frisch vom Räuchergrill kamen und wirklich fantastisch schmeckten. Rustikal und bodenständig aber unglaublich lecker war dieser Laden, dessen Name mir leider entfallen ist.

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Absolut satt und mit einem zufriedenen Grinsen im Gesicht machten wir uns schließlich auf zur zweiten und letzten Etappe in Houston: Einer Billardhalle im Herzen Houstons, wo wir uns mit einem Eimer voller Bierflaschen über einen Billardtisch her machten. Nicht schlecht staunte ich über die verborgenen Talente von Alex, der zwar – sagt er jedenfalls – nur sehr selten Billard spielte, dafür aber eine echt gute Figur machte, wenn es darum ging, ein paar runde Kugeln in die dafür vorgesehenen Löcher zu befördern. Jeder von uns hatte seine eigene Taktik. Der eine begab sich optisch auf die Höhe der Kugeln, um genau abschätzen zu können, wo die Kugel wohl hin rollte. Der andere nutzte bei jeder Gelegenheit die Hilfs-Krücke, um die Kugeln stets möglichst exakt anzuspielen. Neben all der Taktik genossen wir jedoch einen echten amerikanischen Abend in einer echten amerikanischen Billardhalle, tranken Bier, lachten, entwickelten ausgefeilte Taktiken um die Kugeln in die Löcher zu befördern und landeten schließlich müde aber zufrieden zurück im Hotel.

Im Nachhinein betrachtet ist Houston eine der europäischsten Städte im Süden der USA. Die Straßen sind reichlich begrünt, sehr gepflegt und sauber. Die Straßen sind sehr breit und übersichtlich angeordnet. Die Häuser sind echte “Herrenhäuser”, groß und imposant. Wir fuhren durch eine Straße, die an einem Kreisverkehr mit beleuchtetem Springbrunnen endete. Alles war sehr gepflegt und “durchgestylt”. Wer also vorhat, in den Süden der USA zu gehen, sollte sich Houston sehr genau ansehen.

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