Der heutige Tag führte uns von San Fransisco nach Santa Barbara auf einem Weg entlang, der von den Amerikanern selbstbewusst als der “schönste Highway der USA” bezeichnet wird. Der Pacific Coast Highway führt zwischen den beiden Städten immer unmittelbar entlang der Pazifikküste und wird in den Reiseführern auch als einer der grünsten Highways der USA beschrieben. Die Beschreibung klingt nach einer Bilderbuchroute.

Dass trotzdem nicht alles lief wie in einem Bilderbuch, ahnte zu unserem Start in San Fransisco noch keiner. Schon der Weg aus San Fransisco heraus gestaltete sich etwas schwierig, weil die halbe Stadt aufgrund eines Marathonlaufes gesperrt war. Die Ausweichroute durch die Stadt führte einmal komplett durch San Fransisco. Das, was ich auf dieser Ausweichroute sah, begeisterte mich aber so sehr, dass ich mir fest vorgenommen habe, diese Stadt noch einmal – dann ohne Zeitdruck – zu besuchen.

Der Weg zum Pacific Coast Highway führte uns zunächst durch einige Berge, in denen tiefe Wolken Regen vermuten ließen. Doch hinter jeder Bergkuppe änderte sich das Wetter schlagartig. Schien in einem Moment noch gleißend die Sonne, war der Himmel ein paar Minuten später tief wolkenverhangen, und kurze aber heftige Regenschauer überzogen das Land.

Als wir dann jedoch den Pacific Coast Highway erreicht hatten, wurde mir plötzlich klar, warum die Amerikaner diese Straßen als eine der Schönsten bezeichneten. Der Pazifik war tiefblau. Die Sonne schien strahlend an einem ebenso blauen Himmel. Es wehte stets ein leichtes Lüftchen. Die Berge waren sattgrün gefärbt, und irgendwie wirkte alles wie eine Kulisse. Die kleinen Buchten mit hellgelbem feinen Muschelsand wirkten nahezu wie das I-Tüpfelchen in dieser Bilderbuchkulisse.

Die Straße war sehr gewunden und ähnelte eher eine kurvigen Landstraße als einem Highway. Zwischen den Bergen zu unserer linken und dem Pazifik zu unserer rechten, gab es nur die kurvige Landstraße mit einigen Haltebuchten – sonst nichts.

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Wir fuhren beinahe drei Stunden lang den über 1000 Meilen langen Highway 1 (so wird der Pacific Coast Highway auch genannt), als uns plötzlich ein Schild darauf aufmerksam machte, dass die Straße in 63 Meilen geschlossen wäre. Das ließ uns stutzig werden, und wir hielten auf einer der zahlreichen Aussichtspunkte an, um zu besprechen, was wir machen würden.

Umzukehren war keine echte Option. Umkehren hätte bedeutet, nicht vor Mitternacht in Santa Barbara einzutreffen. Das wollte keiner von uns. Da wir auf unser Problem jedoch keine Lösung fanden, ging ich selbstbewusst zu einem der Pickups, die neben uns standen, um nach Rat zu fragen.

In dem Pickup saß ein älteres amerikanisches Ehepaar. Schnell hatte ich mich mit meinem Akzent als Deutscher verraten, und der ältere Herr, der hinter dem Steuer saß, erzählte mir von einer Stationierung in Deutschland, als er noch für das amerikanische Militär arbeitete. Bei den beiden hatte ich wohl schnell ein “Stein im Brett”.

Der ältere Mann erklärte mir dann, dass ein Erdrutsch den Highway 1 an einer Stelle, über die wir vorhatten zu fahren, zerstört hätte. Er erklärte mir auch, dass die einzige Ausweichroute über die Berge ging. Die Ausweichroute hätte so enge Kurven, dass man in einem Pickup Probleme haben würde, diese Strecke zu befahren. Dennoch war die Straße in deren Reiseführern verzeichnet, und sie empfahlen uns, diese Ausweichroute zu nehmen, da es keine echten Alternativen dazu gab.

Mit einem skeptischen Blick in eines unserer Autos, wo ein Kollege gerade mit aufgeklapptem Laptop saß, kommentierte die ältere Dame mit Blick zu ihrem Mann dann so: “Ach guck nur: Die müssen aus der Großstadt sein. Na, das sieht man ja auch an den Autos. Die haben so tolle Felgen.”

Reichlich abgestempelt machten wir uns dennoch auf den Weg durch die Berge. Dieser Weg war so kurvig und schier endlos, dass ich froh war, selbst zu fahren. Auch wenn ich nicht besonders anfällig dafür bin, im Auto kotzen zu müssen, meinte ich zu meinem Kollegen, der neben mir saß: “Wenn ich anhalten soll, dann sag es. Ich kann total verstehen, wenn Dir schlecht werden würde. Wahrscheinlich würde mir das auch so gehen, wenn ich nicht fahren würde.“ Mit einem knappen: “Okay, ich sag dann bescheid.”, klammerte sich mein Kollege an seine Mineralwasserflasche und blieb ruhig sitzen.

Ohne übertreiben zu wollen, schlängelten wir uns knappe zwei Stunden durch die endlosen Berge des Grand Sur, einem Naturschutzgebiet, das entlang des Pacific Coast Highways verlief. Am Ende dieser kurvigen Straße überraschte uns dann aber der Eingang zu einem militärischen Testgelände. Nachdem wir ein unbemanntes Tor mit etlichen Kamerasystemen passierten, fuhren wir auf einem Weg entlang, der durch einen Truppenübungsplatz der US-amerikanischen Bodentruppen führte. Militärfahrzeuge kamen uns entgegen, und ein ausgebombter Panzer stand unvermittelt auf einer der Wiesen am Wegesrand.

Eine Straßenbarke mit der Aufschrift “Live Fire” war glücklicherweise beiseite geschoben. Wirklich sicher fühlte ich mich dennoch nicht. Das alles kam mir äußerst merkwürdig vor, und ich ohrfeigte mich innerlich mal wieder selbst, so eine beschissene Route ausgesucht zu haben.

Als wir schließlich etwa eine halbe Stunde später auch den Truppenübungsplatz hinter uns ließen, tankten wir neuen Lebensmut bei einem Starbucks und freuten uns auf eine entspannte Fahrt auf dem Highway direkt nach Santa Barbara, wo wir mit einigen neuen Erlebnissen im Gepäck ohne weitere Probleme ankamen.